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Institut für Graffiti-Forschung zur graffiti edition


Die Ästhetik einer unreglementierten Kommunikation

Desislava Terzieva


„…graffiti ‘can’ speak and addresses the conflict in the street of identity and social change.”Charles Bojorquez (CHAZ)

(Das Zitat kommt aus dem Interview mit Chales Bojorquez (Chaz), das ich am 04.April.2004 per E-Mail durchgeführt habe. Er ist eine wichtige Figur in der Graffiti Szene in Los Angeles vom Ende von 70er bis jetzt.)

Meine Arbeit mit Graffiti begann ab Ende 1996 als künstlerische Forschungsarbeit. Das Außergewöhnliche, das ich bei der Hip-hop oder der so genanten Desktop Graffitiart entdeckte, inspirierte mich dazu, mich damit auseinander zusetzen und Graffiti für die Problematik meiner künstlerischen Werke auszuwählen. Die erste Hip-Hop Graffiti sah ich in der Nähe von der Stadt Birmingham in England. Diese traten vor meinen Augen als eine Symphonie von Farben und Formen auf. Ich stellte mir dann nur die Frage, wie ich diese starken Eindrücke meiner Beobachtung und Wahrnehmung in meinen Kunstwerken involvieren könnte? Ich nahm sie zuerst als Objekt meiner Betrachtung und dann sind sie der Impuls für eine schöpferische Arbeit, geworden. Der Impuls, der mich dazu gebracht hat, Graffiti in meine Malerei zu involvieren. Als ich sie auf Leinwand zu malen begann, fand ich heraus, dass ich außerhalb des Phänomens bleibe. Ich bin zur Erkenntnis gekommen, dass sie viel mehr als eine bunte Mischung von Texten und Figuren sind. Sie können nur dort, wo sie entstanden sind, wirken; draußen, auf den Strassen, im öffentlichen Raum. Das zwang mich mehr über sie zu erfahren, tiefer in ihr Wesen einzudringen und die Dimension ihrer starken Expressivität, die eine widerstandfähige und kommunikative Ausdrucksform ist, zu untersuchen.
Ich beginne mit den Wörtern eines bekannten Graffiti-Künstlers. Charles Bojorquez (Chaz) verbreitete in den 70er Jahren seinen Cholo-Style in Old English Schrift auf den Wänden von Los Angeles. Er schrieb mir bei einer unserer Korrespondenzen:

"Graffiti können sprechen und sie bringen den Konflikt der Identität und der sozialen Veränderung auf der Straße heraus" (CHAZ) - (meine Übersetzung vom Zitat am Anfang )

Wenn ich an seine Wörter denke, sehe ich die Stadt mit anderen Augen. Sie wird ein Lebewesen, dessen Körper die Narben alle Erlebnisse trägt. Graffiti „können sprechen“, sagte Chaz, also sie stehen in einer verbalen und zugleich visuellen Verbindung mit der Stadt und mit uns, die vorbeigehenden Betrachter.

Graffiti sind ein städtisches Phänomen; sie erscheinen in der Stadt, sie leben und sterben dort.  Sie sind ein städtisches Produkt, weil sie sich auf das Leben in der Stadt beziehen. Sie begleiten uns, wenn wir unterwegs sind, wenn wir mit den öffentlichen Verkehrsmittel fahren. Wir treffen sie auf den Haltestellen oder sie winken uns unter den Brücken hervor, wenn wir die Stadt verlassen. Graffiti bedecken die Stadt nicht nur materiell, sondern auch immateriell durch ihre Anwesenheit in unserem Alltag. Dort, wo sie verankert sind, bilden sie ein Gefüge von kulturellen, sozialen und politischen Qualitäten, dessen Lokalität eine Linie der Grenzzierung zeichnet und damit global auf die Weltebene wirkt. Sie kommunizieren durch ihre Angehörigkeit zur Stadt und  funktionieren innerhalb ihrer Zeit-Raumstruktur. Jede Tätigkeit, jedes Ereignis, alle sozialen Prozesse platzieren eine sofortige Reaktion, durch die Graffiti wird diese im öffentlichen Raum wiedergespiegelt.

Sprechende Wände

Graffiti können sprechen! Aber wie sprechen sie? Der Mechanismus der Wirkung der Graffiti, also ihre Kommunikationsfähigkeit sehe ich in drei Arten der Präsenz der Graffiti, nämlich als eine Schriftform, eine bildnerische Form und auch in einer Form der Exekution des Zeichensystems der Stadt.

Schriftform

Die Schrift ist das Basiselement der Graffitikomposition. Sie ist aber auch Vermittler von Information und sie wird immer als etwas Bekanntes vom Beobachter wahrgenommen. In der Stadt bildet sie ein Schema, das unsere Orientierung in der Welt beeinflusst. Genau diese Funktion der Schrift und des Textes, als eine gemeinsame Struktur, verwirklicht eine prägnante und exakte Verbindung zwischen dem Betrachter und den Graffiti. Der Betrachter nimmt das Schreiben auf den Wänden intuitiv wahr, wie alle anderen Informationen, die er in der Stadt trifft. Obwohl die Graffiti ihrerseits meistens unlesbar und unverstehbar sind, bleiben sie nicht im Schatten, sondern ziehen die Aufmerksamkeit der Passanten auf sich.
Ein Graffito enthält die Schrift in diversen Variationen, als singuläre Buchstaben und Ziffern, kurze Wörter, die meistens im Sinne einer codierten Signatur dargestellt werden, oder in Form längerer Text-Deklarationen. Die Anwesenheit der Schrift kommt mehr oder weniger illustrativ vor, weil sie erst zerstückelt und dann in einer neuen Form aufgebaut wird. Aus diesem Grund spreche ich lieber über eine Schriftform, die eher als ein codiertes System betrachtet werden kann. Ein Blick auf die Graffiti-Geschichte zeigt das offensichtlich. Kurz wende ich mich an drei geschichtliche Momente, die jetzt ein Objekt meiner Untersuchung und meiner Dissertationsarbeit sind: die Ganggraffiti in den 30-40er Jahren in Amerika, Hip-Hop Graffitivariationen und die zeitgenössische Graffitiart. Durch diese drei historischen Momente, die die Entwicklung der Graffitischriftform umfassen, werden die wichtigsten Etappen einer Metamorphose einer semantischen Ausdrucksform, in einer vollkommen bildnerischen Form, dargestellt.
Die Ganggraffiti in Amerika stellen ihre Identität und Sozialität durch codierte Signaturen dar und so besetzen sie dadurch einen Teil des städtischen Raumes sowohl physikalisch-geographisch als auch kulturell. Sie zeigen die kollektive Anonymität einer Existenz und stellen sich als Matrikel dar. Ihr Zweck ist die innere Dynamik einer Gemeinschaft und ihre Lebensweise in den Raum zu bringen. Graffiti geben einen ausführlichen Einblick in die Mentalität der Gruppe als solche. Durch einen Code, der einen Ort und die Angehörigkeit der Leute zu ihm definiert, gründet das Graffitischreiben ein System von Texten und Zeichen, das eigene Regeln und Richtlinien der Darstellung hat. Es zeigt auch den Antagonismus, der durch einen Eingriff im öffentlichen Raum dargestellt wird und die Ganggruppen dreierlei bestimmt: durch ihre Selbstidentifizierung, Selbstverteidigung und ihres eigenes Ausdruckvermögens.
Durch die Graffiti konstituieren die Gangs ihren eigenen Existenzraum. Graffiti für sie, laut eines anderen Graffiti-Künstlers, Arturo Parada aus Kanada (Duro3) sind:

„[…] a subculture based art form that is the hieroglyphics of the ghetto youth to have a voice where they would never had a voice before“.

(Arturo Parada oder Duro3 ist einen Graffiti-Künstler aus den U.S.A. Ich habe ein Interview mit ihm am 27.08.2003 per E-Mail durchgeführt.)

Ihr Ausbreiten innerhalb der Nachbarschaften bringt alle Oberflächen zusammen, um als Hintergrund für die Grenzsteine des aktiven Bereiches einer Ganggruppe zu dienen. Folglich zerstört die Graffiti die Unanfassbarkeit vom Stadteigentum und so werden sie ein Mittel zur Entstehung eines definierten Ortes innerhalb der Gangwelt. Sie sind ein Vorgang der Feststellung einer semantischen Raumsegmentierung. Die Schriften, die verwendet werden, sind meistens der Old English Style. Er wird meistens von den lateinischen Gangs gebraucht. Die „black“ Ganggruppen benutzen am meistens riesige Block Letters Schrift.
Die selbe Ausdrucksform ihrer ethno-kulturellen Anwesenheit und Besetzung des Raumes folgen sie noch heute.

Der zweite geschichtliche Punkt erfasst die Hip-Hop Graffiti. Somit beginnt eigentlich die offizielle Graffitigeschichte. Nach dem ersten TAKI 183 Tag in New York ziehen die Graffiti die Spur ihrer Identität aus den Ghettos heraus und werden eine Okkupation von mehreren und größeren Bereichen, die allmählich die ganze Stadt einzunehmen versuchen. Hip-Hop Graffiti bieten eine kreative Linie dar, sie sind  meistens als eine destruktive Tätigkeit bezeichnet. In Wirklichkeit ist ihr Hauptziel die Namen ihrer Autoren im Stadtraum darzustellen und ihrer Position zwischen den anderen innerhalb dieser Arena festzustellen. Die ganze Stadt wird jetzt eine neue Oberfläche für die Graffiti und allmählich wird ein Netz der Identitätsdarstellung innerhalb des Urbanen festgelegt. Sie erscheinen in einer neuen Form von antagonistischen Beziehungen im Stadtraum, die in diesem Fall eine kreative Kraft ist, um einen neuen Raum innerhalb dem öffentlichen Stadtraum zu schaffen. Ihre freien und anonymen Signaturen zeigen das Vorhandensein einer Autorschaft.    
Später entwickeln die Trow-ups und Pieces einen anderen Ausdruck und eine neue eher bildnerische Darstellungsform, in der die Schrift immerfort als ein Grundelement bleibt. Nur hier tritt der einzelne Buchstabe im Zentrum einer bildnerischen Komposition auf. Es gibt keine Wörter mehr. Obwohl die kodierten Namen in der Graffiti-Komposition grundlegend sind, wird ein Bild erschafft, das nun den gestalterischen Gesetzen folgt z.B. Gleichgewicht der Elemente, Farbzonen-Verhältnisse, Kontraste der Farben, Konturen und Formen.

Der dritte Moment stellt ein globales weltverbreitetes Graffiti-Netz dar. Die Stimme aus dem Ghetto überquert die Grenzen einiger Städte und eines Kontinents, um heute und hier in Europa aufzutreten und eine andere Realität zu projizieren, einen anderen Schrei in den Raum zu bringen, einen „Schrei, als Einwurf, als Anti-Diskurs, als Absage an jede syntaktische, poetische und politische Elaboriertheit“ - (J.Baudrillard, Kool Killer oder der Aufstand der Zeichen, Merve Verlag Berlin 1978, S. 26) zu werden und eine andere Art der Lokalität auszudrücken. Heute und hier in Europa bringen die Graffiti eine eigene kultur-politische Form in den Raum, und dadurch stellen sie eine Raumbesessenheit dar. Sie sind aktiv auf einer Ebene von Beziehungen, auf welcher sie ihre Verortung und ihre Existenz finden, eine Ebene der Kräfte, auf der einerseits eine Verbindung zwischen einer Bildform und einem Hintergrund (die Stadt) mit seinen Qualitäten und Räumlichkeiten erschafft ist und anderseits, die Konstitution der innerstädtischen Räume durch die Temporalität und die Häufigkeit der Graffiti festgestellt ist.

Bildnerische Form

Mit seiner Anwesenheit und seinen starken Ausdruck wirkt das Phänomen vergleichbar mit der Wirkung der Werbungen. Von ganz naiv geschriebenen Tags bis zu den vollfarbigen Trow-ups, wie z. B. das Tag Vapski in Sofia, treten sie immer wieder  auf größeren und sichtbaren Flächen auf, auch auf den Werbeflächen selbst.

Auch in den kleinen Gassen ziehen die Tags mit ihrer Spontaneität und lebhaften Farben die Aufmerksamkeit der Fußgänger auf sich. Sie treten auf fast allen weiteren Strecken immer wieder auf und zeigen eine Häufigkeit, die rhythmisch agiert und instinktiv angenommen wird. Der Rhythmus einer Wiederholung von Strukturen, also Motive, definiert ein Schema von Motiv-Takten, die hier visuell durch Formen, Linien und Farben geschafft werden. Diese Struktur wiederholt sich nicht nur formal, sondern auch in der Zeit. Die gleichen Tags erscheinen rhythmisch auf fast jeder Strasse und sie werden gewisser Zeit nach ihrer Entfernung wieder auf den gleichen Wänden platziert. Sie nehmen neue Bereiche von der Stadt ein und so entfalten sie sich im urbanen Zeit-Raum und drücken sich selbst ästhetisch aus.
Auf die Art und Weise, in der sie den Anspruch ihrer Existenz durchsetzen, sind sie auch eine reale und globale Manipulation. Sie proklamieren ihre eigene Lebendigkeit und ihr Bestehen durch einen bloßen Code, meistens ohne Inhalt, aber mit einer stark expressiven Präsenzform. Eine unikale Expressivität in einer Form, die nicht als Kunst betrachtet wird, ist außerhalb der Galerien geboten. Sie ist eine expressive und reglementfreie Form, die ihren eigenen Regeln folgt. Graffiti benötigen keine spezielle Organisation bzw. eine Vorbereitung des Hintergrunds oder professionelle Kuratoren, um ihre völlig freie, bildnerische Formen auf den Wänden zu lassen. Sie agieren frei und natürlich. Sie wirken stark visuell und durchbrechen die Qualität der Ordnung in der Stadt. Alle Hintergründe, die sie benützen, verlieren teilweise ihre eigene Bestimmtheit, weil sie in eine Art von Kunst involviert sind. Auch die Stadtarchitektur muss eine als eine repräsentative gesamte Raumstruktur und Life Style in ihr involviert sein. Sie muss als Hintergrund für die Wandproklamationen dienen.
Graffiti können sprechen, sie gehen über grobe und glatte Oberflächen, über die Fenster und die Ecken unserer Stadt und geben ihr eine „wilde Mobilität“(Jean Baudrillard, KK, S. 29) und lassen ihre Stimme drauf. Sie verkaufen nichts, sie reklamieren nichts! Sie bringen etwas mehr in den öffentlichen Raum, eine emotionelle Energie im realen Leben und die Funktion der Stadt als System. Sie registrieren dort ihre temporale Bleibe.

Die Form einer Exekution des Zeichensystems der Stadt

Im folgenden versuche ich die Graffiti im Bezug auf ihre Wirkung in einer spielerischen Form innerhalb der Organisation der Stadt im Sinne eines Zeichensystems zu untersuchen. Alle Informationen, die unsere Orientierung in der Stadt vereinfachen, bilden ein gesamtes Textfeld von expliziten Zeichen, die verschiedene Funktionen haben und eine Ordnung im städtischen Raum festlegen. Sie regeln sowohl den öffentlichen Verkehr als auch unsere individuellen Bewegungen innerhalb der Stadt und bilden ein Regime durch codierte Texte und Symbole. Die Stadt wird als ein ready-made verwendet, das durch die expliziten Zeichen in einem Textfeld umgewandelt wird  und mit sekundären Graffiti-Texten ergänzt ist. Graffiti nahmen das offizielle Zeichensystem der Stadt mit geringer, aber wirkungsvoller Intervention ein. Die Bedeutung der urbanen Kommunikation wird mit einem impulsiven und spontanen Auftritt von verbindlichen Texten, Zeichen oder kleinen Zeichnungen entfaltet. Die Kratzer und Signaturen, auch die kleinen Kleber auf den Wänden markieren neue territoriale Strukturen, die durch die Wiederholung der Zeichen auf einer vergleichbaren Ebene des Stadttextsystems agieren. Parallel funktionieren sie im Hintergrund dieses Systems und so konstituieren sie eine zweite Schicht der Zeichenoperation. Durch ihre einfache Anmerkungen rufen sie eine starke gegenseitige Reaktion auf einer tieferen Ebene der innerstädtischen Kommunikation heraus. Der konsumierten Information entsprechend erschaffen sie neue Images und platzieren sie im öffentlichen Raum. Die völlig spielerischen Störungen im Stadttext-Mediumsystem brechen in Wirklichkeit die Ordnung einer Zeichenorganisation in der Stadt durch und stellen einen präzisen Widerstand zu ihr dar.

Im Spiel der Graffiti werden die öffentlichen Verkehrsmittel involvieren; die Züge, Busse, Halltestellen und Stationen werden Träger von zusätzlichen Informationen, die trotz ihres fragmentarischen Charakters einen starken Ausdruck der Individualität in den Raum bringen. Die Verkehrsschilder und Verkehrszeichen, auch die Werbeflächen, die politische Propaganda, in Form von Plakaten und Bildbords, sind die nächsten aktiven Felder. In diesen Feldern bieten die Graffiti weniger Informationsalternativen an und die Spuren der Individualität sind selten erkennbar. Fast keine Signaturen oder Namen treten auf den politischen Plakaten auf. Ein lustiges Spiel der Phantasien ist bei ihnen offensichtlich und häufig sehr sarkastisch.

Die politischen Graffiti in Bulgarien stellen einen sehr starken Standpunkt der Bevölkerung dar. Sie präsentieren eine direkte Wiederspiegelung der Staatspolitik auf den Strassen. Nach der Empfehlung meines Professors habe ich im Jahr 2003 meine Aufmerksamkeit auf sie gerichtet und ich beobachte und fotografiere sie immer noch. Für mich war es sehr spannend die politisch engagierten Texte auf den Wänden zu beobachten. Die Informationen, die ich erhalten habe, haben mir ein anderes Gesicht der politischen Situation in meinem Land gezeigt.

Das Spiel der Graffiti mit der politischen Propaganda und der offiziellen Politik des Staates findet man nicht nur auf den Plakaten, sondern auch gleich auf den Wänden. Sie sind meistens die aggressivste Graffitiart in der Stadt. In Sofia gibt es immer noch interessante Beispiele und es erscheint immer neue. Seit dem ersten Schritt in der neuen Politik Bulgariens ab Ende 1989 beschichten viele Graffiti mit politischen Proklamationen die Wände auf den zentralen und Nebenstraßen in Sofia.
Eine versteckte Rückwirkung wird veröffentlicht. Sie ist meistens eine  Proklamation gegen die Regierung, Parteiführer oder gegen den Staat selbst, im Sinne seiner Politik. Damit stehen auch viele rassistische Aussagen in Verbindung. Die starken Gefühle, wie der Hass oder die Verachtung tauchen aus den tieferen Ebenen des sozialen Lebens im Staat auf und ein anderes und total verzerrtes Bild der politischen und sozialen Strukturen im Land wird ins Licht gebracht. Die Politik, die ihr Gesicht auf den Wänden der Straßen zeigt, ist anderer Art. Die Alltagsprobleme der Gesellschaft werden wiedergegeben.

Graffiti sind eine Form der Kommunikation. Genauso schnell wie sie erscheinen können sie auch verschwinden, entfernt oder mit anderen Graffiti bedeckt werden. Was bleib danach? Die Spur eines Ereignisses, die eine Eigenschaft und gleichzeitig einen kollektiven Willen darstellt. Die Spur ihrer Bleibe, die immer mit einem bestimmten Ort sich verbunden wird, äußert sich als eine ungebundene freie Form der Kommunikation.  Graffiti stellen eine zweite Kultur dar, die eine Differenz im Raum durch die Operation von Zeichen realisiert.
Sie können sprechen! Ein roter Faden führt sie aus dem Ghetto hinaus zu der urbanen Gesellschaft. Sie gehen aus einem ethno-kulturellen Territorium heraus und bringen ihre Territorialität in den öffentlichen Raum des Urbanen, um sein Zeichensystem durchzubrechen und neu zu organisieren. Die Beziehungen und Verbindungen in der Stadt produzieren Zeichen und Codes, die durch Graffiti ihren eigenen Opponent finden. Alle Oberflächen werden ein Träger der neuen Stadttexte, eine Szene einer visuellen Austauschbarkeit von abstrakten Elementen und Symbolen. Reglementiert oder nicht sind die Graffiti in einer urbanen Kommunikation beteiligt.

 

Ich bedanke mich bei Herrn N. Siegl und dem Institut für Graffiti-Forschung für die gegebene Möglichkeit!

©2006: Der Text ist ein Vortrag im Rahmen des Graffiti-Kongresses, 11.-19. März im Museum Quartier, Wien - http://www.graffitieuropa.org/kongress.htm 
 


©2006, Desislava Terzieva und Institut für Graffiti-Forschung (ifg). Weitere Beiträge von Frau Terzieva finden sie in der Graffiti-Enzyklopädie: http://www.graffitieuropa.org/enzyklopaedie.htm - Suchbegriffe "Bulgarien", "Terzieva"

 

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