Graffiti-News 11/2002

Neuigkeiten aus der Welt der Graffiti-Forschung

Wiener Graffiti- und Street-Art-Museum

zur graffiti edition - Fachverlag Graffiti und Street-Art

 

 

1.5.2002:

Guten Tag ! Ich bin auf diese Seite gestoßen und würde gerne genauere Information zur euren Tätigkeiten bekommen. Ich bin ein junger Künster aus Bonn und arbeite nun schon mehrere Jahre als Grafitti-Künstler und bearbeite ausschließlich legale Aufträge. Bisher habe ich zahlreiche Arbeiten geschaffen die vordringlich Werbe und Gestaltungszwecken dienten.
 
Meine Interesse bezieht sich momentan jedoch mehr auf künstlerische, freie Arbeiten die zum Ausdruck bringen das Grafitti einfach ein weiteres Medium der Darstellung ist, das bei dem Rezipienten einen ganz anderen Wirkungsgrad hat. Grafitti bedeutet für mich eine Verstärkung der Identifikation mit meiner Kunst .
Ich würde mich über eine Antwort freuen. Vielen Dank 
 

Hallo Herr ... - wie kommt man eigentlich auf GRAFITTI???

 
Sonst: es kommen immer wieder diverse Anfragen herein von Leuten die Aufträge zu vergeben haben. Wenn sie eine kurze Selbstdarstellung schicken, mit einigen guten jpg's, geben wir das gerne in die news-seite auf graffiti.netbase.org ( http://graffitieuropa.org/enzyklopaedie.htm ).
 
Schönen Sonntag noch und Gruß aus dem sommerlichen Wien! Institut für Graffiti-Forschung

 

 

 

Graffitidokumentation Westungarn:

Im Bild rechts finden sie ein aktuelles Beispiel aus dem Jahre 2002. Es ist in Ungarn ebenso - wie in anderen Ländern der Erde - üblich, dass man zeitgeschichtlich wichtige Parolen und Zeichen als Graffiti an den Wänden findet. Im Bildbeispiel das weit verbreitete Pfeilkreuz, ursprünglich Symbol der 1935 von Ferenc Szalasi gegründeten radikal antisemitischen "Partei des Willens der Nation".

Ein ähnliches Symbol finden sie auch in der Graffiti-News Nr. 6, dokumentiert in Berlin Charlottenburg im Jahre 2001.

©Norbert Siegl, Wiener Graffiti-Archiv

 

 

Information zum ifg-Projekt "Graffiti und rechtsextreme Kommunikationsmuster"

In den letzten Jahren häufen sich Graffiti in denen Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und allgemeine Intoleranz gegen "Fremdes" propagiert werden. Das ifg-Projekt "Graffiti und rechtsextreme Kommunikationsmuster" wird - in Zusammenarbeit mit dem Berliner und Wiener Graffiti-Archiv - diese Kommunikationselemente auf einer eigenen Seite darstellen. Es soll damit der allgemeinen Verdrängungstendenz diesen Themen gegenüber entgegengewirkt werden und die Bevölkerung aktiv miteinbezogen werden. Anhand der Kommunikationsmuster soll darüber hinaus eine konkrete Aufklärung über Sinn und Unsinn dieser weitverbreiteten Ansichten ermöglicht werden. Einen ersten Entwurf zum Projekt finden sie demnächst auf folgender Instituts-Seite: http://graffitieuropa.org/rechts.htm .

 

 

Westungarn, 2002:

Graffito gegen die Fernseh-Kultur gerichtet.
TV als Graffiti-Thema kommt gelegentlich vor und wird nicht unbedingt immer unter negativen Aspekten behandelt. 

 

 

30.4.2002:

Polizei und Justiz sind ständig wiederkehrende Themen der Kommunikationsform Graffiti. Im Bildbeispiel ist das "Polizei" - Tag zu sehen, das weit verbreitet in Wien-Hernals zu finden war. ©ifg,2001

 

 

Kurier, 30.4.02, S.5:
Dem Artikel "Fatah und Hamas. Alte Grabenkämpfe flammen wieder auf" ist zur Illustration ein Graffito aus Dschenin beigegeben (das Zeichen, Wappen, der Hamas an einer Wand).

 

 

Elephant:

Graffito auf einem Werbeplakat in Wien, 2002.

UWW-Rulez

Graffito eines Anhängers des Sportvereines Union West Wien

ifg, 2002

 

 

ich bin ... und beschäftige mich zur zeit im rahmen eines entwerfenprojektes an der t-uni ibk mit tags in innsbruck dabei sind mir besonders häufig die kürzel TMS, bien, B7K und 165 aufgefallen. könnt ihr mir sagen, was sie bedeuten und woher sie stammen und ob sie vielleicht weiter verbreitet sind, jeweils einen schöpfer haben oder von vielen benutzt werden.

danke im voraus, schöne grüsse ...


am besten sie senden uns jeweils ein jpg der tags, dann kann man das genauer beurteilen!

gruss aus wien, ifg (http://graffitieuropa.org/)

 

 

 

29.4.2002:

Graffiti entstehen oft mit einfachsten technischen Mitteln: 
Die beiden Gesichter im Bild links wurden mit feuchter Zigarettenasche angefertigt.

©ifg, 2002

Gruß von der Galerie Slaphanger aus Rotterdam:

"Ana" - eine Illustration von Pieter Zandfliet. Informationen zu den Aktivitäten der Galerie können sie unter folgender e-mail-Adresse anfordern:

itam@kabelfoon.nl

 

 

Ein dramatisches Beispiel zur Aktualität politischer Graffiti findet man im SPECTRUM, V, der Tageszeitung "Die Presse" von 27.4.2002:

Einer Buch-Rezension von Vladimir Vertlib (Der erste und der letzte Stein) ist zur Illustration ein Foto beigegeben, das einen palästinensischen Steinewerfer vor dem Schriftzug "Jerusalem gehört uns" zeigt.

 

 

 

Zwei Kleber aus Wien (Randphänomene zum klassischen Graffito):

Kleber zum Thema Feminismus. Symbolik: Frauenzeichen mit erhobener linker Faust

 

Beitrag zur Akzeptanz von Graffiti. Interessant ist, dass hier die ablehnende Haltung mit einem - dem klassischen Graffito ähnlichem Mittel - verbreitet wird.

 

 

 

 

28.4.2002:

Informationen von Herrn Prof.Chaniotis aus Heidelberg zu Arbeiten über historische Graffiti:

Lieber Herr Siegl, haben Sie vielen Dank für Ihre Nachfrage bezüglich der Graffiti-Forschungen in unserem Seminar. Es handelt sich ganz konkret um die Sammlung und Auswertung von Graffiti (kurze Texte und religiöse Symbole) in der kleinasiatischen Stadt Aphrodisias (etwa aus dem 2.-6. Jh. n. Chr.). Eine erste Präsentation der jüdischen Graffiti ist geplant in der Zeitschrift Scripta Classica Israelica (erscheint wohl im Sommer 2001). Einige Graffiti von Aphrodisias finden Sie in den Büchern von Charlotte Roueche, Aphrodisias in Late Antiquity. London 1989 und Performers and Partisans at Aphrodisias in the Roman and Late Roman Periods. London 1993. Ich gebe Ihnen auch die Titel einiger Bücher und Aufsätze, in denen Sie Informationen über Graffiti im Altertum finden:

Diehl, Ernst, Pompeianische Wandinschriften und Verwandtes. Berlin 1930 (2. Auflage).

R. Veno Ricciardi, Pictorial graffiti in the city of Hatra, in E.Dabrowa (ed.). Ancient Iran and the Mediterranean World  (Electrum 2), Krakow 1998, 187-206

Wagner, Guy, Les oasis d’Égypte à l’époque grecque, romaine et byzantine d’après les documents grecs. Recherches de papyrologie et d’épigraphie grecques. Cairo 1987, 8-10, 23-44, 48-61, 65f., 62-81;

Crawford, J.S., The Byzantine Shops at Sardis. Cambridge-London 1990, 17f., 65, 79, 84-89

Lauffray, Jean, Halabiyya-Zenobia, place forte du limes oriental et la Haute-Mésopotamie au IVe siècle. Paris 1991, 231-237

Alzinger, Walter, Ephesiaca II, in Gerhard Dobesch & Georg Rehrenböck (Hg.), Die Epigraphische und altertumskundliche Erforschung Kleinasiens: Hundert Jahre Kleinasiatische Kommission der Österreichische Akademie der Wissenschaften. Akten des Symposiums vom 23. bis 25. Oktober 1990. Wien 1993, 49-58.

Taeuber, Hans, Graffiti als Hilfsmittel zur Datierung der Wandmalerein in Hanghaus 2, in Peter Scherrer, Hans Taeuber und Hilke Thür (Hg.), Steine und Wege. Festschrift für Dieter Knibbe zum 65. Geburtstag. Wien 1999

Mit freundlichen Grüßen, Ihr

Prof. Dr. Angelos Chaniotis
Heidelberg

 

 

 

Anarchomännchen mit Krone, Bombe und Spraydose aus Berlin-Charlottenburg.

©ifg, 2002

 

 

 

27.4.2002:

Info zu einer Neuerscheinung mit Bezug zu Toilettengraffiti:

Leben, Meinungen und Wirken der Witwe Wetti Himmlisch. Memoiren einer Wiener Toilettenfrau um 1900. Neu herausgegeben und mit einem Nachwort von Peter Payer, Wien: Löcker-Verlag 2001, 176 Seiten

 

 

 

26.4.2002:

Marion Schulze: 
Vom Abbild zum Bild und danach.
Von Brassai zu den Graffitimagazinen

Frau Schulze stellt in ihrer Examensarbeit eine differenzierte Betrachtung zur Rolle der Fotografie, im speziellen im Zusammenhang mit Graffiti, an. Hier die kurze Zusammenfassung der umfangreichen Arbeit:

Graffiti sind als oppositionelle Ausdrucksform schon seit Pompeji nicht mehr von den Wänden der Straßen wegzudenken. Die Verknüpfung der Graffiti mit der Fotografie begann jedoch erst 1930, als Brassai auf die Kratzgraffiti in Paris aufmerksam wurde. Brassai ist in diesem Zusammenhang Schlüsselfigur in zweierlei Hinsicht: Zum einen brachte er die Graffiti als Kunst auf die Leinwände und zum anderen zeigte er durch seine Graffitifotos die Möglichkeit der Bewahrung und Analyse der Graffiti über die Zeit auf.

      Im Widerspruch zu Krauss’ 4. These, nach der in der Kunstgeschichte niemals ein Fotograf auftaucht, „mit dessen Werk man ein neues Kapitel der Kunstgeschichte überschreiben könnte,“ ist Brassai der Initiator einer ganz neuen Ausrichtung der Kunst in der Mitte des 20. Jahrhunderts. Künstler wie Dubuffet und Tápies nehmen die Graffiti in ihren Werken auf und sind Beginn einer Traditionslinie, in der die Natur des Graffito und dessen Art der Herstellung die Kunst in eine neue Richtung treibt. Diese Entwicklung fand ihren Höhepunkt in den Arbeiten der Abstrakten Expressionisten. Zwar ist die gegenseitige Einflussnahme zwischen Aaron Siskind und den Abstrakten Expressionisten nicht eindeutig, doch kann man vermuten, dass auch er mit seinen künstlerischen  Fotos die Arbeiten seiner Malerfreunde beeinflusste.

     Brassai war auch einer der ersten, der die Graffiti mit dem Medium Fotografie kategorisiert und charakterisiert hat. Dieser reproduzierende Gebrauch der Fotografie ist heute unerlässlich für die Erforschung des Phänomen Graffiti. So hat Norbert Siegl, der Begründer des Wiener Graffiti Institut, seit 1978 Graffiti abgebildet und mittlerweile ein Archiv von 20.000 Dias, Color- und SW-Fotos zusammengetragen. Für die Dokumentation  der Graffiti als Kunst und Subkultur sind Martha Cooper und Henry Chalfant mit ihrem Buch wegweisend und Fotografen wie Jakobson folgten ihren Spuren. Dies ist sicherlich darauf zurückzuführen, dass durch das „American Graffiti“ diese Ausdrucksform eine ganz neue Bedeutung gewonnen hat. Sind die Graffiti  zwar immer noch die Sprache der Wände, so weiß man mittlerweile auch die Graffiti als eigenständige Kunstform zu schätzen. Die Fotografie wird jetzt fast ausschließlich als Medium eingesetzt, die vergängliche Kunst Graffiti für die Ewigkeit zu reproduzieren und das Foto von dem Graffito bekommt den gleichen Stellenwert, wie das Graffito selbst.

     In der Fotografie von Graffiti finden diese entgegengesetzten Zeichensysteme zusammen. Die Fotografie als universelle Sprache, die zum größten Teil die Zeichenflut unserer urbanen Landschaften konstituiert, ist das wichtigste Medium für die Writer und Wissenschaftler geworden, um eine bleibende Evidenz dieser „Gegenzeichen“  zu haben.

 

 

 

KURIER, 26.4.2002, S. 8: Rettung dank Klo-Graffito nach sechs Monaten Gefangenschaft.

In dem namentlich nicht gekennzeichneten Artikel wird berichtet, dass eine - von einem Fernfahrer - entführte Frau "mit einem Filzstift, den sie in ihren Strümpfen versteckte, ihre Hilferufe in WCs (auf Rastplätzen) hinterließ". 
Die Botschaft selbst lautete: "Er lässt mich nicht raus. Schlägt mich. Das ist kein Witz", gefolgt vom Hinweis auf den Lkw: "Cannon Truck 383". Ein aufmerksamer Mitarbeiter einer Reinigungsfirma nahm ihre Botschaft ernst und alarmierte die Polizei. Diese lokalisierte den Truck und befreite die Frau.

 

 

 

25.4.2002:

Hallo Herr Siegl !

Kürzlich erwarb ich von einem Händler einen Zeichenblock bzw. eine Mappe mit Zeichenblättern. Auf diesen sind, vor allem in den Farben gelb, orange, rot, weiß, blau verschiedenste abstrakte Motive abgebildet. Fast alle diese Arbeiten sind mit Siegl signiert. Eine Arbeit ist mit `71 datiert. Der Umschlag des Zeichenblocks ist mit Norbert Siegl beschriftet.

Bei der Recherche um die Herkunft der Blätter bzw. mehr Informationen über den Künstler stieß ich im INTERNET auf Ihre Person. Da Sie als Gründer des Internationalen Graffiti-Archives im künstlerischen Bereich tätig sind, dachte ich mir, dass Sie vielleicht in jungen Jahren (als 19 jähriger) diese Bilder gemalt haben.

Als attachment habe ich zwei der Arbeiten als SCAN beigelegt. Wie Sie sich nun wahrscheinlich denken können, würde mich nun interessieren, ob meine Vermutung richtig ist. Vielleicht können Sie durch Beantwortung meiner mail Licht in das Dunkel der Urheberschaft bringen. Falls ja, würde ich mich über nähere Informationen zu den Arbeiten sehr freuen, mfG, ...

Sehr geehrter Herr ...!

Die Welt ist klein. Für mich ist es eine Überraschung, nach 31 Jahren die zwei Arbeiten wieder zu sehen!

Ich hatte damals - als Fotografenlehrling - in Innsbruck zu tun und kam in einer Kunsthandlung mit dem Besitzer ins Gespräch, der einige meiner Arbeiten (u.a. auch Tuschezeichnungen) auf Kommissionsbasis übernahm... Ich hörte nie mehr von den Zeichnungen, weiß auch nicht, ob die Kunsthandlung jemals versucht hat, Kontakt mit mir aufzunehmen.

Wenn ich ihre mail-Adresse richtig interpretiere blieben die Arbeiten in Tirol. Mich würde interessieren, von wem und unter welchen Umständen sie diese erworben haben, was sie damit machen und ob auch Tuschezeichnungen dabei sind? Falls sie auch die anderen Blätter digitalisiert haben, ersuche ich sie um Zusendung der jpg's.

Sonst:
Mit "Kunst" habe ich seit langem nichts mehr zu tun, meine Arbeiten auf dem Gebiet Graffiti-Forschung stehen unter wissenschaftlichen Aspekten. Hier die Adresse der ifg-Website: http://graffitieuropa.org/ ,eine Kurzbiografie finden sie auf: http://graffitieuropa.org/kultur5.htm

MfG, N.Siegl

 

 

ifg-Projekt:

Wahlkampfgraffiti Bundestagswahl 2002

©Berliner Graffiti-Archiv

Protestgraffito gegen die Atomindustrie aus Berlin-Charlottenburg.

©ifg, 2002

 

Zuletzt veröffentlichte Ausgabe: News Nr.10 - 010.htm