Graffiti-Aufträge, Wandgestaltungen, zur internationalen Auftragsvermittlung

Graffiti-News Nr.32 
2.8. - 6.8.2002

Neuigkeiten aus der Welt der Graffiti-Forschung

zur graffiti edition - Fachverlag Graffiti und Street-Art

neu: Street-Art und Graffiti-Museum Wien - www.graffitimuseum.at 

 


6.8.2002

 


Graffito aus dem 7ten Wiener Gemeindebezirk:

©Norbert Siegl, Wiener Graffiti-Archiv, Dokumentation August 2002
 

 

 

 

Sprayer-Kultur in Mainz - eine Anfrage bei diversen Ämtern, dem Bürgermeister und den im Stadtrat vertretenen Parteien.

Institut für Graffiti-Forschung schrieb: 

Sehr geehrte Damen und Herren! 

Es wenden sich immer wieder junge Graffiti-Künstler an das Institut für Graffiti-Forschung, um anzufragen, wo es in Mainz die Möglichkeit gibt, legal zu sprayen. Wir ersuchen Sie daher, uns jene Flächen bekanntzugeben, wo junge Spray-Künstler in Mainz offiziell und ohne Repressionen befürchten zu müssen, ihrem Hobby nachgehen können. 

Mit der Bitte um baldige Antwort, freundliche Grüße,
Mag. Norbert Siegl, Institut für Graffiti-Forschung 


Die Rückmeldungen: 

Sehr geehrter Herr Siegl, die Amtsleitung des Jugendamtes Mainz hat Ihr Mail zuständigkeitshalber an uns weitergeleitet. Wir, die Abteilung Kinder- und Jugendarbeit beschäftigen uns seit über 20 Jahren mit dem Thema Graffiti in Mainz und versuchen auf unterschiedliche Weise unterstützend für junge Sprüher in Mainz zu sein. 

Momentan liegt eine Entscheidung im Mainzer Stadtrat zur Verabschiedung eines Konzeptes "Massnahmen gegen illegale Farbschmierereien an". Pädagogische Maßnahmen sollen dabei sein: Die Freigabe von legalen Flächen und die Initiierung von Projekten durch das Jugendamt.
Leider wurde dem Jugendamt 1999 untersagt auf diesem Gebiet tätig zu sein und bis zum heutigen Tage sind wir nicht autorisiert hier offiziell tätig zu sein. Lediglich die Vermittlung von Aufträgen und die informelle Unterstützung der Aktiven ist uns möglich. Wir hoffen mit der Konzeption eine Freifläche in Mainz für Sprüher anbieten zu können und warten auf die entsprechende politische Entscheidung.

Leider kann ich Ihnen nicht mehr berichten. Ihre Homepage zu Graffiti haben wir mit Interesse verfolgt.
Mit freundlichen Grüßen, Monika Roth


Von der e-mail Adresse ingrid.breitenstein@stadt.mainz.de erreichte uns folgende, mit H.Fischer unterzeichnete Mitteilung, sie lässt sich also keinem bestimmten Amt zuordnen, ohne vorher Namensrecherche zu betreiben:

Sehr geehrter Herr Siegl, unser Amt ist die falsche Adresse für Ihr Begehren, "legale" Graffiti-Flächen zu benennen. Wir führen seit Jahren einen bisher leider nur eingeschränkt erfolgreichen Kampf gegen jede Art von Graffiti-Schmierereien. Auf unsere Unterstützung darf niemand hoffen, der sich für Sprayer einsetzt, die ihrem "Hobby" nachgehen wollen. 

Mit freundlichen Grüßen, H. Fischer 

Unsere Antwort:

Sehr geehrter Herr Fischer!

Leider haben sie vergessen uns mitzuteilen, welches Amt seit Jahren diesen Kampf gegen Graffiti führt. Auch verstehen wir nicht ganz das unter Anführungszeichen gesetzte "legal" in ihrer Antwort. Wir meinten nämlich tatsächlich offizielle Flächen, die entsprechend gewidmet sind und für Aktivitäten einer Gruppe der Jugendkultur zur Verfügung stehen...
Die meisten deutschen und europäischen Städte nehmen Rücksicht auf die Bedürfnisse ihrer Bevölkerung, speziell auch im Bezug auf diverse Modeströmungen in der Jugendkultur: 
Seien dies nun Skater, für welche spezielle Rampen, oder BMX-Fahrer denen entsprechende Bahnen zur Verfügung gestellt werden... Nicht anders kann das Bedürfnis der Sprayer nach eigenen Flächen betrachtet werden und inzwischen präsentieren ja auch schon einige Stadtverwaltungen die dabei entstandenen Kunstwerke auf ihren offiziellen Internet-Seiten. Umso mehr verwundert es, dass Mainz hier offenbar einen völlig anderen Weg geht, der natürlich dazu führen muss, dass sie ihren "leider nur eingeschränkt erfolgreichen Kampf gegen jede Art von Graffiti-Schmierereien" weiter fortsetzen werden müssen. Ob eine solche Vorgangsweise - die meist sehr kostenintensiv ist - von ihren Bürgern (die das ja zahlen müssen) verstanden wird, scheint uns mehr als fraglich.

i.A. Mag. Norbert Siegl, Institut für Graffiti-Forschung


Karin Trepke 
Geschäftsführung 
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 
Rathaus Mainz 
Postfach 3820 

Sehr geehrter Herr Siegl, 
Wie mir Frau Roth vom Jugendamt mitteilte, hat sie bereits auf Ihre Anfrage geantwortet. Insofern kann ich mir eine ausführliche Antwort auf Ihre Anfrage sicherlich sparen. Die Ratsfraktion der Grünen hat immer für legale Flächen gekämpft, ist aber bisher leider jedesmal an der konservativen Mehrheit im Stadtrat gescheitert. Dort laufen Graffiti immer noch als "Schmierereien" und "Verunstaltung" von Gebäuden. 

Freundliche Grüße


Sehr geehrte Damen und Herren, unsere Fraktion ist in keinster Weise für die Vergabe oder Bekanntgabe von legalen Graffiti-Flächen zuständig. Wir bitten Sie, sich an das Mainzer Sozialdezernat, zu wenden.

Mit freundlichen Grüßen, Anja Burkart, FDP-Stadtratsfraktion


From: "Thomas Hauf" <thomas.hauf@spd-stadtratsfraktion-mainz.de>
To: <graffitiforschung@web.de>
Sent: Thursday, August 08, 2002 12:51 PM
Subject: Ihre Mail vom 4. August 2002

Sehr geehrter Magister Siegl, wie sich herausgestellt hat, hat die Mainzer Stadtverwaltung, an die auch o.g. Mail gerichtet war, Ihnen bereits einen Bericht über den derzeitigen Sachstand zum legalen Sprayen in Mainz gegeben.
Diesem haben wir nichts mehr hinzuzufügen und sehen somit Ihre Anfrage als erledigt an.
Freundliche Grüßen vom Rhein! Thomas Hauf


Sehr geehrter Herr Hauf - zuerst Dank für ihre Mitteilung - es gingen bisher einige Antworten ein - teils recht uneinheitlich.
Im Sinne einer möglichst vollständigen Darstellung ersuchen wir sie nochmals um die offizielle Stellungnahme der SPD-Stadtratsfraktion, die ja sicher ein gewichtiges Wort in dieser Angelegenheit mitzureden hat.

Im Anhang finden sie die bisherigen Stellungnahmen. mfg, N.Siegl, Institut für Graffiti-Forschung 

9.8.02 

Sehr geehrter Magister Siegl, die SPD-Fraktion im Mainzer Stadtrat tritt für die Zurverfügungstellung von Flächen für legales Sprayen ein und wird die Ihnen bekannte Vorlage der Verwaltung auch unterstützen. Die Argumentation, dass legale Graffiti illegale Schmierereien nach sich zieht, können wir nicht teilen.

Mit freundlichem Grüßen, Th. Hauf

 

 

 


Historische Dokumente der Sprayer-Kultur von legalen Flächen in
Offenbach und München
aus dem Jahre 1989. Dokumentiert von Saul Len :


 

 

 

 

5.8.2002

Im heutigen KURIER wird auf Seite 8 über eine nächtliche Sprayaktion in Hennersdorf, im Bezirk Mödling berichtet. Insgesamt wurden 25 Häuser, zwei Wartehäuschen, zwei Fahrzeuge, das Bahnhofsgebäude sowie einige Hinweisschilder besprayt. Der Kurier beziffert den Schaden mit 40.000 Euro, die Polizei fahndet nach den Urhebern.

Aktionen dieser Art schaden der Akzeptanz des Graffiti-Writing im allgemeinen, der Ruhm ist sehr zweifelhaft und man kann nur jedem Jugendlichen vor ähnlichen Aktionen abraten. Ein Beitrag zur Prävention, den die öffentliche Verwaltung leisten kann, ist die Freigabe von ausreichenden legalen Flächen. 

 

 

 


Sinnveränderung auf einer Werbetafel. Interventionen, ausgeführt in dieser Technik
sind häufig, es gibt dazu einige Beispiele auf der ifg-Website.

Wien 1994, ©Norbert Siegl, Wiener Graffiti-Archiv
 

 

 

 



Schwerpunkt "Historische Graffiti-Tags" - die Fotos entstanden während der ifg-Forschungen
im Rahmen der Graffiti-Dokumentation Europa 1997 in München (©Norbert Siegl, Wiener Graffiti-Archiv):

 

 

 


Die Wiener Graffiti-Szene - Dokumente aus dem Jahre 1997 - bei einem HipHop-Jam in der Arena.

Zuseher:

Einer der ersten und bekanntesten Sprayer Österreichs:

Frühe Vermarktungen der HipHop-Kultur - Verkauf von T-Shirts mit Sprayer-Motiven:


 

 

 

4.8.2002

 


Beitrag zur falschen Schreibweise von Graffiti:

Variante GRAFFITY - auf einer Mitteilung der Stadt Klagenfurt.


 

 

 

 


S-Bahn-Strecke
- Graffiti aus der Frühzeit der Writer-Bewegung
 in Wien, gelegentlich kombiniert mit neueren Motiven:


 

 


 

Kurze Meldung im KURIER vom Samstag (3.8.02, S. 8):

FP fordert Schutzanstrich gegen Graffiti
Dem Bericht zufolge ist den Wiener Freiheitlichen die Sprayer-Kultur ein Dorn im Auge. Die Graffiti-Beseitigung koste der Stadt Wien jährlich 20 Millionen Euro. Daher der Vorschlag, Gebäude durch spezielle Anstriche zu schützen. Reinigungsunternehmen würden solche Anstriche anbieten, die Kosten liegen bei 140 EURO pro Liter, ein Liter reicht für eine Fläche von bis zu 100 Quadratmeter.

 


 

"Sehr geehrte Damen und Herren, als ich vor einigen Wochen ihre Seite im Internet besuchte, war ich etwas überrascht. Denn Grafitti auf Psychologischer Sicht zu betrachten empfand ich als selten, um nicht zu sagen bis dato für mich einmalig. Da meine Partner und ich zur Zeit im Begriff sind in Erfurt eine Grafitti Ausstellung durchzuführen und Grafitti als Kunst, Lebensstill und Aussdrucksform darzustellen, sind wir auf der Suche nach Partnern. Wie ich Ihnen im oberen Abschnitt schon mitteilte würde ich gerne mit Ihnen Kontakt aufnehmen um auch den Psychologischen Aspekt mit einzubringen. Nun meine Frage wäre dies auf irgendeineweise möglich? Ich denke auch das wir ihnen in anderen Bereichen, wie etwa Gedankenausstausch, Wissen etc., auch etwas bieten könnten. Über eine Baldmögliche Antwort würde ich mich sehr freuen. Mit freundlichen Grüßen ..."

 


 

KURZE MITTEILUNG ÜBER DIE WRITER-SZENE IN BUDAPEST:

Sent: Saturday, August 03, 2002 6:44 PM
Subject: graf

hi! Da ich heute auf der suche nach Ideen für eine Illustration über eure Diskussion mit dem schweizer "König der Bärte" gestossen bin und eueren Nachtrag gelesen habe:

WARD IHR NOCH NIE IN BUDAPEST?!!

die beste Aktion: ich gehe am hellen Tag bei einem Writer vorbei der in 1,5m hohen Chromlettern "FUCK POLICE" neben die Hauptdurchzugssraße schreibt. Einen Stunde später, auf dem Rückweg, klebt das nächst Piece darüber und der Rest wurde mit "Toy" gecrossed. Tja, das ist Budapest, dort interessiert es keine Sau. Keine!

Der Rest der Stadt ist bis auf eine Höhe von ca. 3m (wie man dort hinauf kommt frage ich mich noch heute) angemalt, getaged und mit t-ups versehen. Sogar die Pseudo u-bahn/straßenbahn -tunnels sind bei jedem Eingang angefangen bis zum Ausgang angemalt. Tja, soviel zu eurer Frage: "Was wäre wenn...."

(Auszug aus dem letzten mail auf http://graffiti.netbase.org/kingbart.htm) "Nachtrag: Was wäre eigentlich, wenn sich die gesellschaft von den (illegalen) sprayern nicht provozieren lassen würde, wenn eine stadt es als völlig normale entwicklung hinnehmen würde, dass nach und nach sämtliche öffentliche flächen in einem farbnebel versinken? Keine zeitung würde darüber berichten, keine anzeigen von bewohnern, die sich gestört fühlen, keinerlei interesse der polizei???
Woher käme dann der ruhm, wenn grundsätzlich alle flächen frei wären? "

grüße, ...

 

 


"DIE RACHE DES SCHWARZEN MANNES" - Drogenaufklärung an einer Wiener Klotüre:

©Norbert Siegl, Wiener Graffiti-Archiv
 

 

 

 

FOLAR - Style von einem der Wiener walls

 

 

 

3.8.2002

 

Forschungsschwerpunkt:
historische Graffiti-Tags

Graffiti-Tags aus Wien-Margareten - SIEG, SILBE, BEATCH, teilweise aus den 90er-Jahren des letzten Jahrhunderts stammend. Im Original sind alle drei Schriften relativ groß ausgeführt - ca. eineinhalb Meter lang.

Dokumentation August 2002, ©ifg

 

 

 

Protestgraffito gegen die österreichische Bundesregierung (in der häufig anzutreffenden
Schreibweise FPÖVP) an der Fassade eines Hauses in Wien Margareten.
Das Haus (mit Gedenktafel) ist nach einer christlichen Nonne benannt,
die während der NS-Herrschaft hingerichtet wurde:

 

 

2.8.2002

 


Legale Wände für Sprayer in Klagenfurt (Kärnten, Austria)

Anfrage:
Sehr geehrter Herr Bürgermeister! Es wandte sich heute ein junger Klagenfurter mit folgendem e-mail an uns:

"hallo! ich hab im internet gehört, das rosentalerstr, villacherstr und hasnerstr. legale wände haben.. ich ging zum magistrat und die meinten es gäbe sowas nicht! ich ging ein zweites mal hin und fragte rosentalerstr. da war sie plötzlich frei.. ich will dort trotzdem nicht malen, da die polizei anscheinend nichts davon weiß! am besten wäre eine schriftliche bestätigung vom klagenfurter bürgermeister... ich würde mich wirklich sehr freuen, wenn ihr irgendwo solch eine bestätigung auftreiben könntet.. bitte benachrichtigt mich per email und auf eurer seite! vielen dank NASTY"

Wir ersuchen Sie, uns jene Flächen bekanntzugeben, wo junge Spray-Künstler in Klagenfurt offiziell und ohne Repressionen befürchten zu müssen, ihrem Hobby nachgehen können.

Mit der Bitte um baldige Antwort, freundliche Grüße, Mag. Norbert Siegl

Hier die rasche Beantwortung (innerhalb eines Tages): 

Es erreichte uns ein e-mail von Frau Manuela Tertschnig aus dem Büro des Bürgermeisters, sie teilt folgende Flächen als offiziell freigegeben mit:

1.) pfeiler der autobahnbrücke über den lendkanal  (bitte nicht die pfeiler der eisenbahnbrücke!!!)
2.) wand des gebäudes vor dem tanzstadl (messeplatz) im bereich rosentalerstraße

Weiters kam ein FAX von Rene Cerne vom Klagenfurter Bürgerservice - in dem übermittelten Text werden drei legale Flächen bekanntgegeben:

  1. Eisenbahn- und Autobahnunterführung Tarviser Strasse

  2. Bayer's Bierhalle am Messegelände

  3. eine Wand des Verlagshauses der Kleinen Zeitung in der Hasnerstrasse

Aus dem FAX geht weiters hervor, dass der Jugendreferent der Stadt auf der Suche nach weiteren legalen Flächen ist - Angebote von interessierten Bürgern werden unter der Klagenfurter Nummer 0463/537-2300 entgegengenommen.
 

 

 

 

Piece von einer der legalen Wände in Wien. Dokumentation August 2002, ©ifg:

 

 

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Zuletzt veröffentlichte Ausgabe (Graffiti-News Nr. 31): Graffiti News, 31/2002