2008-10-01:
Norbert Siegl im Interview mit einer oö. Tageszeitung anlässlich der
Ausstellung GRAFFITI.RECHTS.EXTREM im Museum Arbeitswelt Steyr -
http://www.working-world.museum/index.php?m=83&dcal=2008-10-14&p=1&act=det
Bei der Ausstellung geht es um rechtsextreme
Graffiti. Ist das Thema im Wahlkampf besonders virulent geworden?
Natürlich spielten Graffiti mit rechten Inhalten und Symbolen eine
große Rolle auch im Wahlkampf. Es gab ja kaum ein Strache- oder Haider-Plakat, das
nicht mit rechter Symbolik gekennzeichnet wurde. Somit ist auch
klar, dass der weitaus größte Teil rechter Symbole, nicht von
Rechten, sondern von deren Gegnern stammt.
Wenn man sich in Linz umschaut, sind die linken Sprayer
eigentlich aktiver als die rechten. Woran liegt das? Ist Sprayen
eher ein Instrument der politischen Linken?
Graffiti, speziell Graffiti des politischen Bereichs, sind immer
Kommunikationsmedium der extremeren politischen Richtungen, also
derer, die aus dem parlamentarischen Spektrum ausgeschlossen sind.
Neben dem Hakenkreuz als rechtem Symbol steht das Anarchisten-A. Die
klassisch linke Symbolik, Hammer und Sichel ist seit 1990 weitgehend
aus dem öffentlichen Raum verschwunden.
Wer schreibt diese Graffiti? Sind das Leute, denen einfach fad
ist oder ist das gezielt?
Politische Graffiti werden meist bewusst eingesetzt und geschrieben,
sei es als Provokationssymbole oder auch weil die entsprechende
Ideologie transportiert werden soll.
Bei einer Ausstellung wie dieser besteht auch immer die Gefahr,
dass es Nachahmer gibt. Außerdem ist es immer eine Gratwanderung:
die Ausstellung könnte ja auch als Verherrlichung dieser Botschaften
gedeutet werden und irgendwelche ewig Gestrigen anlocken. Wie treten
Sie diesen Gefahren entgegen?
Ich denke nicht, dass unsere Ausstellung nachgeahmt wird, das wäre
wohl auch unmöglich, da jahrzehntelange Arbeit darin steckt. Von den
Besuchern erwarten wir schon ein gewisses Ausmaß an Intelligenz und
Bereitschaft zur Aufarbeitung zeitgeschichtlicher Themen. Die Themen
reichen weit über die klassisch neofaschistischen Tendenzen
hinaus und ergeben ein umfassendes Bild zeitgenössischer Feindbilder
und meist gegenseitiger Intoleranzen.
Können Sie den typischen rechtsextremen Graffitischreiber
festmachen?
„Den“ rechtsextremen Graffiti-Aktivisten gibt es nicht, sehr wohl
gibt es aber Gruppen in der Gesellschaft, die sich rechter Symbole
und Parolen bedienen, z.B. Skinheads, Hooligans und neuerdings die
Angehörigen der Gabber-Szene, .. .
Gibt es Unterschiede zwischen Stadt und Land, zwischen den
Bundesländerhauptstädten? Wie sieht es da in Linz aus?
Zwischen Stadt und Land gibt es viele Unterschiede, wo mehr Menschen
sind, gibt es auch mehr Graffiti. Zwischen Linz und anderen großen
Städten im deutschsprachigen Raum gibt es diesen Unterschied kaum.
Es sind dort die gleichen Subgruppen der Gesellschaft anzutreffen,
wie überall anders auch.
Woher kommt der „Stoff“ für die Ausstellung?
Basismaterial sind jene Graffiti, die tausende Menschen in den
letzten dreißig Jahren an die Wände Österreichs geschrieben haben
Sie arbeiten beim Institut für Graffiti-Forschung. Wie kann man
sich Ihren Arbeitsalltag vorstellen?
Das Institut für Graffiti-Forschung ist eine international tätige
wissenschaftliche Organisation mit rd. hundert Mitgliedern. Hier in
Wien befindet sich die Koordinationszentrale für unsere
wissenschaftliche Arbeit, deren Leitung ich übernommen habe.
Internet-Hinweis:
www.graffitieuropa.org
Zur Ausstellung erscheint folgende Publikation:
Dieter Schrage und Norbert Siegl (Herausgeber), 2008:
Rechtsextreme Symbole und Parolen. Graffiti und Sticker als Medium
interkultureller Kommunikation. ISBN 978-3-901927-20-1, graffiti
edition, Wien, Format A4, 169 Seiten, ca. 250
Fotos zu allen Bereichen der Jugendkultur, alle aktuellen Symbole
und Tendenzen in Wort und Bild erklärt. SOFORT LIEFERBAR! EUR 37,-
Zu meiner Person -
http://members.chello.at/norbert.siegl/siegl.htm
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