Internationale Street-Art- und
Graffiti-Galerie: http://www.graffitieuropa.org/streetart/index.htm
Übersetzt
man Street-Art wörtlich als Straßenkunst, so bezeichnete der
Begriff früher eine Vielzahl von Aktivitäten im öffentlichen
Raum,
die alle Bereiche der Kunst umfassten: Straßenmusik, Straßentheater, Boden-(Pflaster)malerei, ... .
Der heute übliche Begriff Street-Art kommt aus den USA und
bezieht sich hauptsächlich auf Aktivitäten aus dem Bereich
Bildende Kunst, eine einheitliche Definition dafür hat sich
bisher nicht durchgesetzt. Gemeinsamkeit aller
Street-Art-Varianten ist, dass sie kostenlos zugänglich und außerhalb
etablierter Orte der Kunstvermittlung anzutreffen sind.
Der
Begriff umfasst also den weiten Bereich visueller künstlerischer
Arbeit im öffentlichen Raum und bezieht sowohl offizielle, als
auch inoffizielle Formen der Kunst mit ein.
Von
der offiziellen Verhüllung des Reichstags in Berlin bis zum
inoffiziellen Sticker am Stromkasten: Street-Art-Künstler
arbeiten mit unterschiedlichen Techniken und aus individuellen
Motiven. Für einige ist es die Entwicklung einer eigenen
grafischen Sprache, für andere die aktive ästhetische
Mitgestaltung des Stadtbilds, wieder für andere eine Möglichkeit,
ihre weltanschaulichen oder privaten Meinungen zu veröffentlichen. Direkte
Vorgänger der heutigen Sticker sind die Münchner "Klebies"
der späten 1980er-Jahre - Writer begannen damit, ihre Tags
auf Adress-Etiketten zu schreiben und an öffentlichen Orten zu
kleben.
Die
bekanntesten traditionellen Formen der Street-Art sind
Pflaster/Bodenmalerei und Fassadengestaltung mit meist
gesellschaftskritischen Wandbildern (murals). Anfang der
1980er-Jahre etablierten sich zunehmend auch Schablonengraffiti
in den Städten. Der Franzose Blek Le Rat (Xavier Prou, geb.
1951) sprühte lebensgroße Figuren und nannte seine Bilder nach
der angewandten Technik: "Pochoirs" –
„Schablonen“ - siehe: http://graffitieuropa.org/news/133.htm
. Von Paris aus vergrößerte sich die Bewegung
der "Pochoiristen", die sich, anders als die Sprayer/Writer,
verstärkt als Künstler betrachten. Ihre Figuren oder Schriftzüge,
auch "Stencils" genannt, wirken meist wohl bedacht und
räumlich ins Stadtbild integriert. Dies ist generell ein
wichtiges Qualitätsmerkmal von Street-Art und ein Grund dafür,
dass die Akzeptanz in der Bevölkerung relativ hoch ist.
Der
Kölner Künstler Thomas Baumgärtel (geb.1960), bekannt als
Bananensprayer, nützt die Schablonen-Technik zur Markierung
besonderer Orte der Kunstvermittlung. Seine Banane wird bei den Ausgezeichneten
- Galerien, Museen - als Ehre empfunden. Auch die
kostenlosen - tausendfach verbreiteten - pflückbaren
„Zettelgedichte“ des Wiener Literaten Helmut Seethaler (geb.
1953) und künstlerische Graffiti-Pieces, die an den "walls
of fame" der großen Städte zu finden sind, werden dem
Bereich Street-Art zugerechnet.
Ab
2000 erweiterten sich die Spielarten der Street-Art sprunghaft,
das Kleben und Posten wurde zu einer Massenbewegung, an der
heute zehntausende junge Menschen beteiligt sind. Neben
den markant gesprayten Pieces prägen heute diverse Postings
und Affichements, Cut-Outs und Sticker das Stadtbild. Immer häufiger
zeichnen und sprühen Künstler und auch Writer ihre Tags, Styles und
Motive auf Aufkleber und Plakate, die unkompliziert, gefahrlos und Zeit
sparend im Stadtbild angebracht werden - Devise: "stick it",
"alles klebt".
Beliebtestes
Trägermaterial für die Motive sind die kostenlos erhältlichen
Adress-Kleber der deutschen und österreichischen Post. Die Künstler
und Aktivisten selbst bleiben im allgemeinen anonym, bekannte
Namen in Deutschland sind „TOWER“ und „LINDA“, in Österreich
„SIGLA“ und "BUSK".
Sticker,
Aufkleber, Pickerl, Klebies, ... haben eine lange Tradition als (halb-)offizielles
Medium, und werden gerne auch von etablierten politischen
Parteien im Wahlkampf genützt, ebenso als Werbeträger für
kommerzielle Angebote. Diesem Randbereich der legalen
Kommunikation gehören auch die sogenannten „wilden Plakate“
an.
Ordnungswidrigkeit
oder Sachbeschädigung?
Manche
Arten der Street-Art sind völlig legal. Etwa wenn sie im
Auftrag von Stadtverwaltungen angefertigt werden oder an dafür
gewidmeten Flächen, wie den „walls of fame“ der
Sprayer-Kultur. Der größte Teil der Street-Art entsteht jedoch
„unbeauftragt“ an Flächen, die sich in fremden Besitz bzw.
in öffentlicher Verwaltung befinden. Ob diese Formen geahndet
werden, richtet sich nach Art und Ort der Anbringung, nach
Inhalt und Auffälligkeit. Meist bleiben wildes Plakatieren und
Stickerkleben folgenlos oder werden als Ordnungswidrigkeit
angezeigt und gewertet. Nach
der Verschärfung der Paragraphen StGB 303 und 304 in D gilt
schon das unbefugte verändern des Erscheinungsbildes einer
fremden Sache (nicht nur unerheblich und nicht nur
vorübergehend) als Sachbeschädigung.
Internet
http://graffitieuropa.org/enzyklopaedie.htm
(Graffiti- und Street-Art-Enzyklopädie online: kommentierte
Bildbeispiele aller Street-Art-Varianten)
Internationale Street-Art- und
Graffiti-Galerie: http://www.graffitieuropa.org/streetart/index.htm
Literatur
Hundertmark, Chr., 2003: Art Of Rebellion. The World Of Streetart. Hamburg: Publikat
Siegl, N., 2001: Graffiti Enzyklopädie. Von Kyselak bis HipHop-Jam. Wien: Österreichischer Kunst- und Kulturverlag
© N. Siegl, Institut für
Graffiti-Forschung, 2010
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