Es ist immer wieder erstaunlich
mit wie wenig Sachverstand von manchen Organisationen an das
Kulturphänomen Graffiti herangegangen wird. Ein Beispiel
(22.08.2004) dazu
finden sie auf den Seiten der Ermittlungsgruppe Graffiti in Berlin: http://www.berlin.de/polizei/dir4/ermgruppegraffiti.html
:
"Was ist Graffiti ?
Graffiti sind alle auf öffentlichkeitswirksame Flächen gesprühten,
gemalten oder gekratzten Bilder, Buchstaben und Symbole.
Tatwerkzeuge sind in der Regel Farbspraydosen, Faser- und andere
Stifte, Nothämmer, Schleifpapier und Schleifsteine sowie sonstige
harte Gegenstände bzw. substanzschädigende Materialien wie Säure
u.ä. Bloße Mitteilungen, Liebesbekundungen sowie politische Äußerungen
oder Symbole gelten nicht als Graffiti."
Abgesehen davon, dass allein
schon die Fragestellung "Was ist Graffiti?" völlig
unsinnig ist - richtigerweise müsste es heißen "Was sind
Graffiti?", werden gerade jene Formen ausgeschlossen, die
traditionell seit hunderten Jahren dem Begriff Graffiti zugerechnet
werden, nämlich Politgraffiti und Graffiti zum Thema Liebe und
Sexualität. In der polizeilichen Definition, die aus zwei
Sätzen besteht, werden überdies im ersten Satz Symbole
eingeschlossen, im zweiten Satz als nicht zugehörig
ausgeschlossen????
Kurz gesagt - es hat sich gerade dort - wo es um so
subtile Dinge mit weitreichenden Folgen geht, nämlich bei der Verfolgung
und Verhaftung von Graffiti-Aktivisten, niemand die Mühe gemacht,
sich wirklich mit Graffiti zu beschäftigen oder fachmännischen Rat
einzuholen. Oder anders gesagt: Jener Polizeitrupp, der sich in
Berlin mit der Verfolgung von Graffiti-Aktivisten beschäftigt, weiß
offenbar selber nicht, was Graffiti sind. Siehe dazu die wissenschaftliche Definition des Begriffs
Graffiti: http://graffitieuropa.org/definition.htm
Kommentare:
Betreff: Re: graffiti Schon erheiternd was in
manchen Köpfen vorgeht. Nothämmer? Was kann man damit anstellen außer
Scheiben einschlagen? Das gilt aber beim besten Willen nicht als
Graffiti.
Was sind
eigentlich "öffentlichkeitswirksame Flächen", sind es,
der Berliner Polizei zufolge, dann keine Graffiti wenn sie woanders
angebracht sind???? Ein Kommentar von Saul
Len:
Unter Writern heißt das eher Hall of Fame.
Das sind Stellen die von vielen Menschen gesehen werden, also am
Bahnhöfen, wo die Züge vorbeikommen. Das kann aber auch eine
Unterführung sein, die vor allem von Writern besucht wird. Wer hier
malt wird eben von der Scene zur Kenntnis genommen, auch wenn an
dieser Stelle wenig Passanten vorbeikommen. Die Riederhöfe in
Frankfurt sind so eine Stelle, viele Frankfurter kommen da nie hin,
aber den Writern ist sie bekannt. Natürlich gelten in dem
Zusammenhang auch Züge als öffentlichkeitswirksam,
denn die werden von den Reisenden gesehen. Der Begriff Hall of Fame
stammt eigentlich aus der amerikanischen Musikscene und wurde
von Writern übernommen. Wenn es um den Begriff "Öffentlichwirksam"
geht, eigentlich waren es nur Writer die sich darüber Gedanken
machten. Politparolensprüher oder Schablonensprüher achteten nie
darauf ob die Stelle tagsüber viel frequentiert ist, oft suchten
sie sich sogar versteckte Winkel, beispielsweise Nägeli sprühte
oft da, wo nicht viele vorbeikommen.
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